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Öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf des FPÄndG

Von Markus Borchelt (Berlin)

[09.04.2003] - Am 09.04.2003 fand die 15. Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung in Berlin statt. Einziger Punkt der Tagesordnung war die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf des FPÄndG (Bundestagsdrucksache 15/614, geladene Sachverständige). Nachstehend finden Sie eine Zusammenfassung der Kernaussagen der von den Abgeordneten zu den einzelnen Fragestellungen jeweils gezielt angesprochenen Verbände.

Frage 1) Generelle Einschätzung/Stellungnahme zum FPÄndG
Angesprochener Verband Kernaussagen (Mitschrift)
DKG: Notwendiges Gesetz; Befristungen im §6 KHEntgG sollten sich einheitlich auf 2003-2006 beziehen
BDPK: Stärkung des BMGS wird begrüßt, da Ersatzvornahme wahrscheinlich
SpiK: Es steht eine große Anzahl krankenhausspezifischer Entgelte zu befürchten - das FPÄndG stellt deshalb keine Verbesserung dar
=> Replik DKG: Das FPÄndG ist eine notwendige Voraussetzung, um die Akzeptanz in den KH sicher zu stellen; wichtigstes Kriterium ist die Sachgerechtigkeit, daher sind die vorgesehenen Öffnungsklauseln zwingend erforderlich - dies ist der wichtigste Beitrag des FPÄndG
PKV: Grundsätzlich Verständnis für die im FPÄndG vorgesehenen Änderungen, aber: alle Ausgliederungen müssen mathematisch wohlbegründet werden, es darf nur mathematisch induktive Lösungen geben, Lösungen "auf dem Verhandlungsweg" sind grundsätzlich abzulehnen
SpiK: Bereits die Ankündigung, es werde erweiterte Ausnahmetatbestände und Öffnungsklauseln geben, hat eine "gefährliche Entwicklung" in Gang gesetzt, die unmittelbar dem 100%-Ansatz zuwider läuft. Die Ankündigung hat bereits dazu geführt, dass "einzelne wissenschaftliche Fachgesellschaften in ihrem Bemühen um systemkonforme Lösungen nachlassen". Gravierender Fehlanreiz ist dabei, dass Ausnahmebereiche nicht an die Beitragssatzstabilität gekoppelt werden. Sicher gibt es "echte" Ausnahmebereiche - z.B. "das Tropeninstitut in Hamburg".

Sehr ernsthaft spricht man sich jedoch dagegen aus, Ausnahmetatbestände von den Ländern definieren zu lassen; damit würden gerade die "besonderen Anstrengungen des AOK-Bundesverbandes" unterminiert. Zudem wird Länderkompetenz in dieser Frage das flächendeckende DRG-System an sich zerstören. Ausnahmetatbestände dürfen "ausschließlich datengestützt" identifiziert und nur für "relevante Bereiche auf der Grundlage von Fallzahlen" definiert werden; sie müssen zudem "an die Beitragssatzstabilität gekoppelt" werden.
DKG: Gegenposition zum SpiK: Ausnahmetatbestände können das System nicht unterlaufen, sie werden von den Leistungserbringern nicht als "besonders lohnend" angesehen werden, sie sind im Gegenteil ein notwendiges Instrument, um Sachgerechtigkeit herzustellen; die Selbstverwaltung wird die entsprechenden Bereiche und Sondertatbstände vorgeben bzw. das BMGS im Rahmen einer Ersatzvornahme; Entgelte für herausgenommene Bereiche und Leistungen werden vor Ort auf Basis realer Kostenkalkulationen ermittelt; die Selbstverwaltung wird in der Lage sein, anhand der DRG-Vorschläge (InEK) eine sachgerechte Liste für Ausnahmebereiche und Zusatzentgelte zu erstellen, dann wird eine Länderkompetenz in dieser Frage ohnehin überflüssig
PKV: Das Vorsehen der Länderkompetenz wird das DRG-System "sprengen" und zu "verheerenden" neuen Patientenströmen führen zwischen Ländern mit unterschiedlichen Vergütungsregeln - dieser Passus des Gesetzentwurfs ist nicht im Sinne des Systems
VdAK: "Mit Verlaub: Ersatzvornahmen sind keine Garantie für Qualität"; die im FPÄndG vorgesehenen Ermächtigungen des BMGS gehen "in die falsche Richtung"; die im FPÄndG verankerte Nutzung des Instituts der Selbstverwaltung (InEK) durch das BMGS ist "einseitig" und deshalb abzulehnen; die zunächst im Referentenentwurf vorgesehene Lösung war die bessere (Blockaden in der SV sollten durch qualifizierte Mehrheitsentscheidungen verhindert werden); insgesamt: das FPÄndG sollte "keine verstärkten Handlungsoptionen für das BMGS" vorsehen
SpiK: Die SV wird vom BMGS "ausgehebelt", ein "Schiedsamt" unter Vorsitz eines unabhängigen Richters wäre eine Alternativlösung; der SpiK hat überhaupt kein Verständnis für die Regelung, dass das BMGS auf Basis des FPÄndG auch Einigungslösungen der SV kippen könnte - dieser Passus ist ersatzlos zu streichen; Fristsetzungen wären akzeptabel.
2) Wie häufig treten Problembereiche bzw. nicht abgebildete Leistungen auf? Welche sind das?
BÄK: Etwa 20-30% der Leistungen können nicht korrekt abgebildet werden, z.B. Intensivmedizin, Frührehabilitation, Onkologie, Kinderchirurgie, Transplantationsmedizin, Unfallchirurgie, Personen mit zusätzlichen Behinderungen, Rheumatologie und weitere - es werden derzeit noch verschiedene Praxisevaluationen durchgeführt, deren Ergebnisse in diesem oder im nächsten Monat veröffentlicht werden
DKG: Auf Basis der jetzt beim InEK laufenden Auswertung der DRG-Anpassungsvorschläge wird die SV demnächst eine Problemliste vorlegen können, die nicht sachgerecht abgebildete Leistungen enthält und aus der entnommen werden kann, wo Zusatzentgelte erforderlich werden; das FPÄndG soll am 01.07.2003 in Kraft treten, daher muss das Kriterium der Nicht-Sachgerechtigkeit bezogen auf 2003/2004 in den § 6 KHEntgG aufgenommen werden
SpiK: Es wurde ein konkretes Vorschlags- und Auswertungsverfahren definiert - also ist die Datenlage abzuwarten, bevor Problembereiche benannt werden können; es ist wichtig, dann auch in Ausnahmebereichen ein Pauschalsystem einzuführen und keine krankenhausindividuellen Entgelte; hierfür werden noch Lösungen benötigt
DVfR: Menschen mit Behinderungen werden durch DRG s nicht sachgerecht abgebildet, Frührehabilitation ist ebenfalls schwierig abzubilden
3) Ist der Zeitplan zu halten und welche Auswirkungen sind im Bereich Aus- und Weiterbildung zu erwarten?
BÄK: Im Hinblick auf den Zeitplan stellt das FPÄndG eine essentielle Komponente dar, da vorgesehen ist, ab 2005 in die budgetrelevante Konvergenzphase einzutreten - bis dahin muss das System "gerecht" sein, da dann bereits die konkrete Umverteilung der Mittel einsetzt. Der Zeitplan ist schon an sich problematisch, erscheint im Hinblick auf 2005 aber vermutlich als zu eng. Der Tatbestand der ärztlichen Weiterbildung am Krankenhaus wird momentan überhaupt nicht berücksichtigt, hier sind Nachbesserungen unbedingt erforderlich
VUD: Der Zeitplan wird ähnlich problematisch gesehen; Weiterbildungskosten sollten in Anlehnung an die Regelung in den USA über Zuschläge vergütet werden
4) Welche Probleme werden im Zusammenhang mit der Personalkostenentwicklung gesehen?
DKG: Kosten müssen korrekt erfasst werden; Kalkulationsschema und Kalkulationshandbuch sind kritisch zu sehen und müssen nachgebessert werden
Dt. Städtetag Kommunale Krankenhäuser bzw. deren Träger haben das Problem der tarifvertraglichen Bindung
BÄK: Die Arbeitszeitproblematik in den Krankenhäusern ist ungelöst, insbesondere auch das Problem der unbezahlten Überstunden
5) Werden Probleme gesehen im Zusammenhang mit der Verschiebung der Ausbildungsfinanzierung?
ver.di: Bitte keinen weiteren Abbau von Ausbildungsplätzen
Dt. Pflegerat: Das Problem der Pflege wird sich verschärfen, bereits in den letzten 2 Jahren Rückgang der Ausbildungsplätze um 20%, in den kommenden 2 Jahren voraussichtlich nochmals Reduktion um 20%; das Gesetz ist kontraproduktiv; das Problem wird sich im Zuge der steigenden Fallzahlen und der steigenden Zahl Schwerstpflegebedürftiger weiter verschärfen
DKG: Die Verschiebung ist sachgerecht, eine frühere Umsetzung wäre bereits technisch nicht möglich
SpiK: Neuregelung ist zu begrüßen; Verschiebung ist zwar bedauerlich, aber verständlich
6) Wie ist das Problem der nicht abgeschlossenen Budgetverhandlungen zu lösen?
VdAK: "Es besteht Hoffnung, dass genügend KH über einen Budgetabschluss verfügen werden..."; der Lösungsvorschlag lautet: technischer Basisfallpreis
DKG: Die SV muss schnell entscheiden für 2004 - oder das BMGS
SpiK: Dies ist ein ernsthaftes Problem, einige Krankenhäuser verhandeln noch über das Budget des vorvergangenen Jahres - auch wenn Budgetverhandlungen dem Prinzip nach prospektiv sein sollten; der "technische Basisfallpreis" ist ein absolutes Muss, sonst werden zu viele Krankenhäuser draußen sein, da sie über kein genehmigtes Budget verfügen; die Unterlage "E1" muss dazu erweitert werden, ein diesbezüglicher Vorschlag liegt vor
7) Sind berufsgenossenschaftliche Einrichtungen auszunehmen?
DKG: Das entscheidende Kriterium ist Sachgerechtigkeit
8) Die Verweildauer wird verkürzt, es kommt zu einer Verlagerung in den ambulanten Bereich - sind weitere flankierende Maßnahmen hierfür vorzusehen?
DKG: Vision: "Die Krankenhausbehandlung reicht bis zur Genesung". es müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die KH ambulante Leistungen anbieten und durchführen können - über den nachstationären Bereich hinaus
BDPK: Dies ist ein wichtiges Thema - es ist insbesondere über die Finanzierung der teilstationären und ambulanten Behandlung nachzudenken
VdAK: In der Verweildauerverkürzung wird kein Problem gesehen, solange diese medizinisch sachgerecht ist. Die integrierte Versorgung ist - wenn auch rechtlich schwierig - zu stärken; im Grunde ist aber die Frage der Rehabilitation vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Landesgesetze die dringlichere Frage, wenn auch mühevoller zu lösen
VUD: Die Abbildung von Anschlussbehandlungen ist generell schwierig
BÄK: Die Gegenfinanzierung von verlagerten Leistungen ist nicht geregelt; es muss mit einer 20%igen Verweildauerverkürzung gerechnet werden
PKV:> Die Frage berührt ein "heißes Eisen"; es gibt keine Regularien, die hier aktiv steuern; es besteht die Gefahr, dass Leistungen in den ambulanten Bereich verschoben und ein zweites Mal abgerechnet werden, die eigentlich bereits mit der Fallpauschale abgegolten sind; die Regelungen setzen einen Fehlanreiz zur frühzeitigen Entlassung von privat versicherten Patienten; der MDK wird dies verstärkt kontrollieren müssen
9) Positionen zum Interventionsrecht des BMGS?
DKG: Die Regelungen erscheinen angemessen; ein erzieherischer Effekt ist nicht abzustreiten; aber: Interventionsrecht nach oder trotz Einigung der SV-Partner ist unzulässig und muss gestrichen werden
ver.di: Das vorgesehene Interventionsrecht ist in vollem Umfang erforderlich, da sich die SV wiederholt als zu schwerfällig erwiesen hat; das System muss flexibel und reversibel sein
10) Sind weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen bzw. -indikatoren erforderlich?
VdAK: Die gesetzlichen Maßnahmen im FPG zur Qualitätssicherung sind positiv zu bewerten; es sollte zusätzlich vorgesehen werden, die DRG-Daten nach § 21 KHEntgG für andere Zwecke nutzbar zu machen, insbesondere für Qualitätsanalysen, beispielsweise durch das Zentrum für Qualität in der Medizin
DKG: Die Frage führt zurück zum § 6 KHEntgG: Es wird zwingend eine Öffnung für 2004 in nicht sachgerecht abgebildeten Bereichen geben müssen, um Qualitätseinbußen wirksam zu vermeiden; im Übrigen wird derzeit kein weiterer Anpassungsbedarf gesehen

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